Der Himmel ist keine Vertröstung – Gedanken zu Christi Himmelfahrt

_dsc0012_by_christine_limmer_pfarrbriefserviceWenn es manchmal sprichwörtlich dick daher kommt, wenn tausend Dinge zu erledigen sind und ich nicht mehr so recht weiß, wo mir der Kopf steht, dann hab ich meist nur noch eine Sehnsucht: ab nach Hause, die Haustür hinter mir zuziehen und alles hinter mir lassen. Ein Zuhause, die eigenen vier Wände, in die man gehört, die man sich bequem einrichtet, ein Ort, an dem man sich wohl fühlt, an dem man gerne ist, das ist wohl eine der Ur-Sehn­süchte des Men­schen. Sicherheit, Ge­borgenheit, „Be­hü­tet-Sein“, das ist nötig, damit Leben gelingen kann. Gerade das Fest Christi Himmelfahrt hat für mich sehr viel zu tun, mit der Vorstellung von „Heimat“, als tragenden Grund meines Lebens.

„Einspruch!“, könnte man da jetzt lautstark rufen. „Das kennen wir schon. Das ist doch die uralte Strategie der Kirche, dass sie den Himmel als jenseitige Heimat als billiges Trostpflaster hernimmt, anstatt schon hier und jetzt gegen manch himmelschreiendes Unrecht anzugehen und gesellschaftliche Missstände aufzudecken und anzuklagen.“ – Gewiss mit der Vorstellung vom „Himmel“ als einzig wahrer „Heimat“ wurde auch Schindluder getrieben im Laufe der Jahrhunderte. Wie viele Menschen wurden ein Leben lang in ihrem Elend abgespeist mit der halbherzigen Vertröstung, dass ihnen dann im Jenseits schon jene Gerechtigkeit widerfahren wird, die man ihnen auf Erden vorenthalten hat.

Das entspricht aber keinesfalls die biblische Botschaft. Zwar feiern wir heute, dass uns Jesus zum Vater vorangegangen ist, aber als billige Vertröstung ist das nicht gedacht! Vielmehr will das Evangelium hier unserer großen Sehnsucht nach Heimat und Geborgenheit entgegenkommen. Es ist, als wolle Jesus selbst uns zurufen: „Mensch, deine Sehnsucht hat ein Ziel. ICH will DIR Heimat sein. Ich will dir Geborgenheit, Ruhe und Sicherheit geben. Ich will der Grund sein, auf dem du stehen kannst. Ich will dir deine Identität geben, dich als Person prägen. ICH will DIR Heimat sein.“

Das ist kein billiger Trost. Das ist eine Quelle der Kraft hier uns jetzt. Ein Mensch der diese tiefe Geborgenheit, diese umfassende Heimat, zu der wir alle unterwegs sind, schon hier und jetzt erspüren kann, der wendet sich nicht verklärt von dieser Welt ab, sondern versucht mit allen Kräften und Mitteln auch an einer besseren und menschlicheren Gesellschaft auf Erden mit zu bauen.

Genau dazu fordert uns dieses Fest heute auf: Jesus haut nicht einfach ab. Er lässt die Seinen nicht links liegen, bis man sich dann irgendwann einmal wiedersieht. Er, der geht, um uns eine Wohnung zu bereiten, er gibt uns einen genauen Auftrag, ein Ziel, zu dessen Erfüllung er uns seinen Geist verspricht: „…ihr werdet meine Zeugen sein … bis an die Grenzen der Erde.“

Dieser Auftrag gilt uns heute, ganz konkret. „Geht zu den Menschen!“ Die Kraft dafür will uns der geben, der für dich und mich Heimat ist. Wir brauchen uns vor dieser Aufgabe als lebendige Kirche nicht zu fürchten, wenn wir zu den Menschen gehen im Vertrauen auf den Geist, um den die Kirche seit alters her ganz besonders in diesen Tagen zwischen  Christi Himmelfahrt und Pfingsten betet. Dann kann der Himmel, der uns als Heimat verheißen ist, schon hier erspürt werden, wie es in einem wunderschönen Lied heißt:

„Wo Menschen sich vergessen, die Wege verlassen und neu beginnen, ganz neu, da berühren sich Himmel und Erde, dass Friede werde unter uns.“

 

(Text: Witti/Foto: Limmer)

 

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