ADVENT: FRÜHER – HEUTE – UND ICH?

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Gedanken beim Adventskonzert des Pfarrverbands
am 3. Adventssonntag
in der Schlosskirche „St. Erasmus“ in Wald an der Alz

„Früher war das alles anders…“ – Die Enkelin verdrehe leicht genervt die Augen, al…s sie ihre Oma wieder einmal so reden hörte. Erst wollte sie so tun, als hätte sie nichts gehört, denn die Oma hatte ja – wie so oft – mehr zu sich selber, als zu jemand anderem gesprochen. Aber diesmal war etwas anders. Ein seltsamer Glanz lag in den Augen der alten Frau. Ihr Blick schien auf etwas gerichtet zu sein, das weit außerhalb des Wohnzimmers lag. Ein zufriedenes, glückliches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel.
„Was war denn früher so anders?“, fragte die Enkelin schließlich doch noch. Der seltsame, selige Gesichtsausdruck der Oma hatte sie neugierig gemacht.
„Ach Kind“, meinte die Oma, ohne ihren Blick von jenem unsichtbaren Ort in weiter Ferne abzuwenden, „ich durfte noch Advent erleben, einen richtigen Advent.“
„Was meinst du damit?“, hakte die Enkelin nach. Sie glaubte nun fast, dass die Oma doch langsam etwas wunderlich werden würde. „Wir haben doch jetzt Advent. Das kannst du überall sehen und hören: auf den Straßen, in den Geschäften, im Fernsehen, im Radio. Überall Advent, Advent, Advent…Es geht mir schon langsam auf die Nerven.“
„Mir auch…“, sagte die Oma und die Enkelin war noch mehr erstaunt. Die Oma schien ihren fragenden Blick zu spüren. Sie lächelte, schaute der Enkelin in die Augen und begann schließlich zu erzählen:
„Früher war das alles anders. Es war von allem weniger, viel weniger, aber es war auch viel schöner. Da war der Advent noch Advent. Es war eine staade Zeit. Der Pfarrer nannte sie die „kleine Fastenzeit“ vor dem großen Weihnachtsfest. Trubel und Gaudi gab es da nicht. Mit dem Kathreinstanz waren die lauten Feste erst einmal vorüber. Die fette Martinsgans war das letzte große Festmahl vor dieser staaden Adventszeit.
Mit dem ersten Advent begann das frühe Aufstehen. Wenn es das Wetter irgendwie zuließ, sind wir noch in der Dunkelheit durch den knirschenden Schnee zum Rorategottesdienst in die Kirche gestapft. Verstanden hab ich nichts von dem, was der Pfarrer da auf Lateinisch gebrabbelt hat. Aber die Bilder hab ich noch vor Augen: die dunkle, kalte Nacht, nur unseren Laternen erhellt, die heimelige Dorfkirche im Schein der Kerzen. Das war etwas Besonderes. Da konnte man spüren, was Advent sein will.
Nach der Schule ging es wieder nachhause. Auf dem Hof ging es im Winter auch ein wenig ruhiger zu, als während des übrigen Jahres. Wenn es abends dann früh dunkel wurde, hat die Mutter nach dem einfachen Abendessen eine Kerze angezündet. Wir saßen um den großen Tisch in der Stube und haben den freudenreichen Rosenkranz gebetet. Danach hat der Vater manchmal seine Zither hervorgeholt. Er spielte die alten adventlichen Weisen, wir haben gesungen und manchmal hat uns meine Oma davon erzählt, wie es in ihrer Kinderzeit so war.
Der Advent war eine karge, dunkle, staade, aber schöne Zeit. Mit jeder Kerze, die am Adventskranz angezündet wurde, freuten wir Kinder uns mehr auf das große Licht an Weihnachten, auf den strahlenden Christbaum. Darunter lagen zwar nur wenige Geschenke, aber die haben uns vielleicht mehr gefreut, als mancher Paketeberg heute. Vor allem freuten wir uns dann, nach der mitternächtlichen Christmette, der ein strenger Fasttag voran ging, auf die wunderbaren Mettenwürste, die es in der Heiligen Nacht dann in der vom Christbaum erleuchteten Stube gab…
Das war noch ein Advent, eine Zeit, in der wir voller Freude auf Weihnachten, auf das Kind in der Krippe, gewartet haben…“

Die Enkelin hatte der Erzählung der Oma schweigend zugehört. Sie war nachdenklich geworden. „Der Advent eine Fastenzeit?“, fragte sie schließlich ungläubig. „Mir wird schon schlecht, wenn ich dran denke. Ein Christkindlmarkt nach dem anderen, Bratwurstbuden, Süßigkeiten, literweise Punsch und Glühwein und wenn es später wird noch die eine oder andere Schnapsleiche am Wegesrand. Das ist doch keine Fastenzeit…“
Die Oma wurde ernst, blickte fast ein wenig traurig drein. Die Enkelin wollte es weiter nicht fassen. „Von wegen dunkle staade Zeit. Auf dem Weg zur Schule klettern mindestens fünf rot-weiß-leuchtende Weihnachtsmänner à la Coca Cola die Häuserfassaden hoch und in der Schule verschwindet der an sich schöne Adventskranz schon fast neben dem vollständig geschmückten Christbaum, der schon in der zweiten Adventswoche alles überstrahlend daneben steht. Daheim wird die Hektik immer größer. Die Mama jammert, dass sie ja so viel zu tun habe vor Weihnachten, dass sie nicht mehr wisse, wo ihr der Kopf steht und ihr das alles zu viel werde. Der Papa verzieht sich dann meist vor den Fernseher, denn den nervt das ganze Theater sowieso nur noch.
Ich hock mich dann an den Computer, hör Musik und will meine Ruhe von dem ganzen Trubel.“
Die Oma machte große Augen bei dieser Schilderung. Die Enkelin meinte schließlich nur noch: „Mich nervt das alles. Die Geschenke sind zwar ok, aber sonst hab ich keinen Bock auf dieses Advents- und Weihnachtszeugs…“

Meine Lieben,
was bedeutet „Advent“ für mich? Ist es nur noch irgendetwas zwischen Plätzchenduft, Glühweinseligkeit, Termindruck und Einkaufsstress, oder konnte ich mir etwas bewahren vom ursprünglichen Zauber dieser Zeit?
Ich wünsche es Ihnen und mir, dass wir die Kraft haben, gerade im Advent auch einmal „Nein“ zu sagen, nicht alles mitzumachen.
Ich wünsche Ihnen und mir den Mut, den wir heute brauchen, um auch einmal die Stille zu wagen.
Ich wünsche Ihnen und mir, dass wir in Stunden – wie dieser – etwas spüren dürfen, vom ADVENTUS DOMINI, von der „Ankunft des Herrn“ mitten in meinem Leben.
Darum möchte ich heute Abend beten:
Herr, es ist oft laut im Advent.
Die Geschäfte überbieten sich gegenseitig.
Du aber bist in der Stille.
Hilf mir, Zeiten und Orte zu finden,
wo du zugegen bist.
Ohne dich ist das Leben kalt und leer.
Ich sehne mich nach dir,
nach deiner Liebe.
Hilf mir bei meinem suchen.
Gib mir einen Wink!

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