Auferstehung statt Wiedergeburt – Predigt zum Ostermontag (M. Witti)

Foto: Wastl
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Meine Lieben,

wir feiern Ostern, aber immer weniger Menschen im alten Europa – darunter auch viele Christen – können damit noch etwas anfangen. Das wichtigste Fest unseres Glaubens scheint nach und nach auf dem weltanschaulichen Abstellgleis zu landen. Viele Menschen begeistern sich heute eher für die östliche Lehre von der Wiedergeburt, beziehungsweise für das, was sie selber sich daraus zusammenbasteln. Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück beschrieb das dieser Tage so: Sich in einer Reihe von Wiedergeburten weiterzuentwickeln, sei „eine Vorstellung, die mit der verbreiteten Fortschritts- und Leistungsmentalität gut zusammengeht“.

Wenn das so ist, macht es mir Angst. Wir leben ja heute schon oft genug in gesellschaftlichen Zwängen, wo nur noch die Leistung zählt, wo es drauf ankommt, möglichst viel aus sich zu machen, eine steile Karriere hinzulegen und auch in der Freizeit noch ein möglichst spektakuläres Programm zu absolvieren. „Jeder soll sehen, wie toll ich doch bin!“ Das scheint die Devise zu sein, die dahinter steckt und die uns oft genug von klein auf eingeredet wird.

Wenn mir dieses Lebensgefühl dann so richtig in Fleisch und Blut übergeht, dann kann es schnell sein, dass mein Leben zu eng und zu klein wird, für all diese hochfliegenden Pläne. Dann ist es reizvoll, sich in den Gedanken der Wiedergeburt zu flüchten: Es geht ja immer weiter und weiter. Was ich in diesem Leben nicht schaffe, schaffe ich im nächsten. Hauptsache meine Chancen sind grenzenlos und es geht immer weiter. Wenn ich so denke, mag ein einziges Leben, dem dann die Auferstehung in Gottes Ewigkeit folgt, nicht sonderlich reizvoll erscheinen. Da macht im Leistungsbetonten Lifestyle die Lehre von der Wiedergeburt offenbar mehr her…

Aber mit dem, was die östlichen Religionen unter der Wiedergeburt verstehen, hat diese westliche postmoderne Version wenig zu tun. Für die spirituellen Menschen des Ostens ist die Wiedergeburt eine Last, fast ein Fluch, dem es zu entrinnen gibt. Es gilt möglichst ethisch gut zu leben, um aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburt erlöst zu werden und ins ewige Nirwana oder ein ähnliches transzendentes Paradies eintreten zu dürfen.

Meine Lieben,

ich finde das faszinierend! Die großen spirituellen Tradtionen des Ostens wie des Westens wollen den Menschen befreien. Sie zeigen einen Weg, der uns in Jesu Auferstehung in einmaliger und nicht zu überbietender Weise eröffnet wurde.

OSTERN sagt mir als Mensch: Ich bin mehr, als nur die Summe meiner Leistung, meiner Arbeitskraft, meiner Karriere, meiner spektakulären Erlebnisse. Ich bin wertvoll und liebenswert, allein weil ich Mensch bin, Abbild Gottes, Bruder und Schwester Jesu, egal, wer ich bin, was ich erreiche, wie ich aussehe.

OSTERN gibt mir eine Würde, fern aller Äußerlichkeiten.

OSTERN befreit mich aus dem Zwang, aus meinem Leben immer noch mehr und mehr herausholen zu müssen; befreit mich von dem Zwang, mich selber erlösen zu müssen.

OSTERN mutet mir keinen Weg zu, der niemals enden wird, sondern gibt mir ein Ziel, das größer und schöner nicht sein könnte.

Ich möchte nicht daran glauben müssen, dass immer und immer wieder alles von vorn beginnt, dass mein Leben keinen tieferen Sinn keinen größeren Wert hat, der bleibt, der mir Zukunft gibt.

Ich möchte OSTERN glauben und Leben, so wie es in einem Gedanken zum diesjährigen Fest beschrieben wird:

Zwischen Tod und Leben, zwischen Dunkel und Licht, zwischen Unheil und Heil:             eine Schwelle.   Verbindend und trennend, einladend und ängstigend, auffordernd und abwehrend.   Ostern ist das Fest             der Überschreitung von Schwellen. Die Pforten von Tod und Hölle sind zerbrochen,             das Tor zwischen Zeit und Ewigkeit offen,                         die Hand des Auferstandenen                         einladend ausgestreckt.   Nur ein wenig             die Augen öffnen,             mit dem Herzen glauben,             den Schritt über die Schwelle wagen. Und Auferstehung wird             zum Schwellenereignis                         mitten im Leben.

(Johann Pock)

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