Gedanken zum Gründonnerstag 2014

Fußwaschung - mehr als nur ein alter Brauch
Fußwaschung – mehr als nur ein alter Brauch

Meine Lieben,

letztes Jahr hat Papst Franziskus zwölf Insassen eines Jugendgefängnisses die Füße gewaschen. Heute feiert er in einem Therapiezentrum für Menschen mit Behinderung die Messe vom Letzten Abendmahl. Das sind starke Zeichen, wie man sie vor Franziskus von einem Papst nie erwartet hätte. Diese starken Zeichen der Demut und der Hinwendung an die Menschen am Rande gehen durch alle Medien und sie werden heiß diskutiert. Aber es geschah in diesem letzten Jahr noch viel mehr:

Die starken Zeichen einer dienenden Kirche, die sich immer neu denen zuwenden will, die sie am meisten brauchen, haben nicht nur die Zeitungen und Fernsehanstalten erreicht, sondern auch die Herzen der Menschen – die Herzen von vielen hier in unserem Pfarrverband.

Letzte Woche durfte ich das in beeindruckender Weise spüren. Wir waren auf Klausur mit allen vier neugewählten Pfarrgemeinderäten. Dabei versuchten wir alle gemeinsam, die drei Hauptamtlichen und die Mitglieder der einzelnen Räte, an Papst Franziskus Maß zu nehmen. Wir haben intensiv seine Worte betrachtet, im Herzen erwogen und uns miteinander darüber ausgetauscht.

Das hat mir gezeigt, wie lebendig hier bei uns Kirche in den Herzen der Menschen ist und was das konkret für unser Leben als Christen vor Ort hier bedeuten kann.

Da bildete sich letzte Woche auf unserer Klausur plötzlich eine Arbeitsgruppe mit Leuten aus allen vier Pfarreien, die sich „Die vielen Formen der Armut“ heute zum Thema gemacht hat. Dabei ging es neben der materiellen Armut auch um die seelische und emotionale Not. Die Problematik der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen hier in unserer Region wurde ebenso angesprochen, wie der Versuch, die verschiedenen Menschen mit ihren je eigenen Gaben und Lebensgeschichten immer wieder in den Blick zu bekommen.

Da haben wir im Blick auf unseren Pfarrverband versucht, das konkret werden zu lassen, was Papst Franziskus in seinem Schreiben „Evangelii Gaudium“ so beschreibt:

„Im Herzen Gottes gibt es einen so bevorzugten Platz für die Armen, dass er selbst »arm wurde«. Gott gewährt ihnen »seine erste Barmherzigkeit«. Aus diesem Grund wünsche ich mir eine arme Kirche für die Armen. Es ist unerlässlich, neuen Formen von Armut und Hinfälligkeit – den Obdachlosen, den Drogenabhängigen, den Flüchtlingen, den eingeborenen Bevölkerungen, den immer mehr vereinsamten und verlassenen alten Menschen usw. – unsere Aufmerksamkeit zu widmen. Wir sind berufen, in ihnen den leidenden Christus zu erkennen und ihm nahe zu sein, auch wenn uns das augenscheinlich keine greifbaren und unmittelbaren Vorteile bringt“, so Papst Franziskus.

Meine Lieben,

der Papst wäscht heute behinderten Menschen die Füße. Er macht sich vor ihnen klein, erweist ihnen diesen jesuanischen Liebesdienst. Das ist kein PR-Gag. Das ist das äußere Zeichen einer inneren Lebenshaltung.

Wenn wir hier und jetzt vor der Eucharistiefeier auch die Fußwaschung begehen, dann soll uns das zeigen, was wir hier am Altar eigentlich Woche für Woche feiern und worauf Papst Franziskus uns nimmermüde hinweist:

Wenn wir hier am Altar würdig und wirklich die „Wandlung“ feiern wollen, dann müssen zuallererst wir selber uns wandeln; dann muss sich „Wandlung“ vollziehen in unseren Gedanken und in unseren Herzen.

Die Fußwaschung ist nicht nur irgendein alter Brauch. Sie ist ein lebendiger Aufruf, im Leben zu verwirklichen, was wir in der Kommunion empfangen: seine Liebe.

Jesus selber ruft uns heute eindringlich zu:

„Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“

Amen.

(Foto: Limmer)

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