„Ehe“ – Herausforderung und Segen (Predigt 28. So. i. J. 2015 – Witti)

Persönlicher Segen für ein Jubelpaar
Persönlicher Segen für ein Jubelpaar

Meine Lieben,

es ist ein besonderer Sonntag, auf den ich mich schon lange gefreut habe. Wir feiern hier im Pfarrverband den „Tag der Ehejubilare“. Auch heuer sind wieder viele verschiedene Paare dabei, jüngere und ältere, manche lachend, manche fast zu Tränen gerührt, wenn sie dankbar auf die gemeinsamen Jahre zurückblicken. Viele „Jubelpaare“ haben mir im Laufe der Zeit erzählt, dass keinesfalls alles nur immer „eitel Sonnenschein“ gewesen sei. Viele Paare haben auch schwierige und wirklich schwere Zeiten gemeinsam erlebt. Manche haben Dinge erleben müssen, an denen andere Beziehungen zerbrochen wären. Aber ich durfte auch immer wieder hören, dass gerade diese schwierigen Zeiten sie im Nachhinein oft noch näher zusammen gebracht hätten, dass sie dann noch mehr spüren konnten, was sie am anderen haben.

Für jedes Paar werde ich dann Gott um seinen Segen bitten. Dann wird nicht nur für mich hautnah spürbar, was Papst Franziskus genau vor einer Woche, am Beginn der großen Familiensynode, gepredigt hat. Der Papst wusste dabei sehr wohl um die Höhen und Tiefen, die zu so einer Ehe gehören. Er meinte, paradoxerweise sei auch der Mensch von heute, der Gottes Plan von der wirklichen Liebe oft lächerlich mache, von der treuen und immerwährenden Liebe angezogen und fasziniert. Der heutige Mensch laufe den Liebesbeziehungen des Augenblicks und „fleischlichen Genüssen“ nach, sein Traum sei jedoch die wahre Liebe. Für Gott sei die Ehe keine Utopie der Jugend, sondern ein Traum, ohne den sein Geschöpf zur Einsamkeit bestimmt sei. Im Blick auf viele Schwierigkeiten des Lebens meinte Franziskus dann aber auch sehr realistisch, die Kirche müsse ein „Feldlazarett“ mit „offenen Türen“ für alle sein, die um Hilfe bitten. Sie müsse aus ihrer „eigenen Einzäunung“ heraustreten und auf die anderen zugehen.

Der neue Berliner Erzbischof Heiner Koch hat dann im Laufe dieser Woche auch ein klares Statement zur vielfältigen und vielschichtigen Wirklichkeit von Ehe und Familie in unserem Lande vor dem Papst und der versammelten Synode gegeben. Er sprach dabei unter anderem auch das mögliche Scheitern an und wie die Kirche damit umgeht. Er sagte wörtlich:

Auch tiefgläubige junge Christen stellen mir angesichts der Erfahrung in ihrer Familie und in ihrem Freundeskreis die Frage: „Aber wenn wir in unserer Ehe scheitern und später eine neue Ehe eingehen, warum sind wir dann vom Tisch des Herrn ausgesperrt? Weist Gott die Menschen, die ein Scheitern erlebt haben, von sich?“ Dann versuche ich zu erklären, warum wir die wiederverheiratet Geschiedenen nicht zur Kommunion zulassen, aber die Argumentation dieser theologischen Aussagen lässt die Fragen im Herzen der Menschen nicht verstummen: Ist für Menschen, die unumkehrbare Brüche in ihrem Leben erlebt und erlitten haben, kein Platz am Tisch des Herrn? Wie fehlerlos und wie heil muss man sein, um zum Mahl des Herrn eingeladen zu werden? Mir wird immer wieder deutlich, dass die Frage der Zulassung der wiederverheiratet Geschiedenen zur Eucharistie nicht in erster Linie eine Frage nach der Unauflöslichkeit des Sakraments der Ehe ist. Für viele Menschen stehen in dieser Frage die Kirche und ihre Barmherzigkeit in Frage. Nicht wenige Betroffene ziehen sich bei uns aufgrund der von ihnen empfundenen Zurückweisung mit ihren Kindern von der Kirche zurück. Zuletzt und zutiefst aber geht es für viele um den christlichen Glauben und um Gott und seine Barmherzigkeit. Über die Frage der Zulassung zur Eucharistie wird für viele Gott fragwürdig.

Erzbischof Koch sprach aber auch voller Freude das an, was wir an diesem Sonntag im Pfarrverband feiern. Er meinte: Den Eheleuten, die viele Jahrzehnte das Leben in ihren Familien in Höhen und Tiefen in Treue gelebt und manchmal auch durchgehalten haben, sollten wir dankbar sein für das Glaubenszeugnis, das sie mit ihrer Ehe ablegen, und dies als Synode auch zum Ausdruck bringen.

Meine Lieben,

ich sehe diese Aussagen zu Ehe und Familie als große Herausforderung gerade auch für uns hier in den Pfarrgemeinden vor Ort. Einerseits soll und muss immer wieder – und weit über diesen Sonntag hinaus – spürbar werden, wie wertvoll das Zeugnis all unserer Eheleute, unserer Väter und Mütter in den Familien ist. Ihr alle macht immer wieder auch jungen Menschen Mut, sich auf dieses wunderbare Abenteuer von Ehe und Familie unter Gottes Segen einzulassen!

Ebenso wichtig ist es aber auch, dass jene, die an ihrem Ideal von Ehe und Familie gescheitert sind, hier ebenso einen guten Platz, ein Stück echter Heimat, in unserer Mitte haben. Nur von Barmherzigkeit zu reden reicht nicht. Das mahnt schon Papst Franziskus an.

Ich bin davon überzeugt, je mehr uns das als Kirche – vor allem in den Pfarrgemeinden vor Ort – gelingt, desto mehr wird für viele erlebbar, was wir im Pfarrverband an diesem Sonntag feiern dürfen: dass Gottes guter Segen jeden Menschen ein Leben lang begleitet!

Amen.

(Foto: Limmer 2014)

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