„Heimat“ – Grußwort zum Bezirksmusikfest im Kaunertal

IMG_4728Meine Lieben,

mit den allerherzlichsten Grüßen aus dem oberbayerischen Feichten an der Alz hab ich Euch heute noch eine kleine Geschichte aus meiner niederbayerischen Heimat mitgebracht. Der Autor Wilhelm Diess erzählt darin von seiner Kindheit und davon was Heimat für ihn bedeutet hat. Denn das hat er erstmals gemerkt, als er als Bub in die Stadt, ins Gymnasium nach Passau, musste. Rückblickend erzählt er diese Kindheitserfahrung so:

„…als es an diesem Abend dunkel geworden ist und die Glocken vom Dom zur Nacht geläutet haben, laufe ich aus der Stadt, heimwärts. Man geht bei Tag und gutem Wetter bis in mein Dorf acht Stunden. Jetzt aber ist es stockfinstere Nacht, der Weg nass und schwer, und ein hartnäckiger Wind macht mir zu schaffen. Vier Stunden muss ich durch einen dichten Forst gehen, ich stehe entsetzliche Angst aus. Immer weiter laufe ich, durch viele schlafende Dörfer, vorbei an Höfen, Bäche entlang, hügelauf und hügelab, ohne einen anderen Gedanken: heim, heim…“

Diese Geschichte berührt mich immer wieder, wenn ich sie lese. Sie erinnert mich an die Heimat, in der ich aufgewachsen bin, an das Untere Inntal, das auf der einen Seite vom Rottaler Hügelland, auf der anderen vom mächtigen Inn und dem oberösterreichischen Innviertel begrenzt wird.

IMG_4730„Heimat“, das sind für mich aber  liebe Menschen, die mich geprägt haben, die mir viel bedeuten.

Auch wenn ich immer wieder umziehen musste, in den Bayerischen Wald und schließlich nach Oberbayer, nahe dem Chiemsee, auch wenn sich damit die Orte und Menschen, die ich „Heimat“ nenne immer wieder verändert haben, so ist das tiefe Gefühl der Geborgenheit doch immer das gleiche geblieben.

„Heimat“, das sind für mich Orte und Menschen, bei denen ich gern bin, weil ich mich bei ihnen nicht verstellen muss, weil ich der sein darf, der ich bin und als den Gott mich gemacht hat.

„Heimat“, die Orte und Menschen, die ich damit verbinde, sind mir im Laufe der Jahre immer kostbarer geworden.

„Heimat“ in diesem Sinne habe ich – ohne dass ich anmaßend sein möchte – auch hier bei Euch in diesem Tal ein klein wenig gefunden; eine „Heimat auf Zeit“, wenn ich hier immer wieder ein paar Tage und Wochen verbringen darf.

IMG_4731Ich glaube, ich fühle mich hier bei Euch deshalb so ein Stück weit beheimatet und „dahoam“, weil ich hier Menschen erlebe, die ähnlich denken und fühlen, die ihre Heimat lieben und andere in liebenswerter Gastlichkeit daran teilhaben lassen. Das gemeinsame „Ratschen“ und Lachen, das Essen und Trinken, das gesellige Beisammensein oft bis tief in die Nacht hinein, aber auch die Musik, das Brauchtum, das uns unsere Wurzeln zeigt, der Glaube, der mich mit so vielen anderen immer wieder hier ins wunderschöne Heiligtum von Kaltenbrunn führt, all das darf ich hier mit Euch teilen.

IMG_4734Ich wünsche es Euch von ganzem Herzen: Bewahrt Euch diese unverkitschte Liebe zur „Hoamat“. Bewahrt Euch Eure  „Echtheit“ und Eure Direktheit, die wichtiger ist, als manches Event für die Touristen. Bewahrt Euch die Musik, die Vereine und das Brauchtum. Bewahrt Euch Euren Glauben, der Euch immer wieder zeigen kann, was wirklich wichtig ist im Leben. Und gebt diese wunderbare „Hoamat“ unverfälscht weiter, an Eure Kinder und Kindeskinder.

Auf die Fürsprache der Muttergottes im Heiligtum von Kaltenbrunn gebe Euch, Eurem Tal, Eurem Bezirk und Eurem schönen Land Gott selber seinen Segen dazu!

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(Text/Fotos: Witti)

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