Franziskus und der Aufbruch – Predigt zum 4. Fastensonntag

Predigt zum 4. Fastensonntag 2015 („Laetare“) – Pfr. Michael Witti

_DSC0226Meine Lieben,

„Super-Star oder Paperlapapst‘?“, diese provokante Frage warf jetzt zum zweiten Jahrestag seiner Wahl die große deutsche Tageszeitung mit vier Buchstaben auf, deren Schlagzeilen meist mehr Raum einnehmen, als die tatsächlich angebotenen Inhalte. So spitzzüngig diese Schlagzeile auch ist, sie zeigt wie widersprüchlich Papst Franziskus von vielen Menschen, Christen wie Nicht-Christen, wahrgenommen wird. Der zugehörige Artikel zählt gleich „mehrere Tritte ins Fettnäpfchen“ auf, die sich in den spontanen Worten des schlagfertigen Papstes aufgetan haben. Gleichzeitig lobt das Boulevardblatt aber auch große Leistungen der letzten beiden Jahre: Die erfolgreiche Vermittlung zwischen den USA und Kuba, die „größte Mes­se aller Zeiten“ mit sieben Millionen Menschen in Manila auf den Philippinen, die Ernennung von immer mehr Kardinälen aus der Weltkirche, der Einsatz für die Obdachlosen rund um den Petersplatz.

Ähnlich differenziert, wenn auch weit weniger reißerisch in der Wortwahl, kommentieren auch andere den Weg er Kirche unter Papst Franziskus in den letzten beiden Jahren. Die renommierte „Neue Züricher Zeitung“ sieht zwar auch, dass der Papst bei seinen Worten „nicht immer zuerst die Goldwaage und den päpstlichen Haustheologen im Sinn zu haben“ scheine, aber sie lobt auch die großen Herausforderungen, denen sich Franziskus tatkräftig stellt. Namentlich werden die Kurienreform und der im Herbst stattfindende zweite Teil der Familien-Synode genannt. Unsere eigene Tageszeitung hier überraschte in der Wochenendausgabe mit einer erstaunlichen Formulierung des Papstes. Demnach gehe es Franziskus nicht nur um eine Reform, sondern er fordere vielmehr eine „Demokratisierung der Kurie“. All diese Kommentare und Gedanken begleiten den zweiten Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus, der vom anderen Ende der Welt kam, um nun das Schiff Petri zu leiten.

 

Meine Lieben,

all diese Meldungen lassen mich das heutige Evangelium vielleicht noch intensiver lesen als sonst. Johannes erzählt in seiner kraftvollen Bildersprache darin von den Menschen, die die Finsternis mehr lieben, als das Licht. Wie Recht er darin hat, zeigt ebenfalls ein Blick in die Tagespresse. Das Leid der Menschen in Syrien schreit ebenso zum Himmel, wie das Elend vieler Billigarbeiter, die in Entwicklungsländern unsere Konsumgüter produzieren. Der Skandal von Hunger und Armut, mangelnder Bildung und weitgehender Chancenlosigkeit ist ebenso unerträglich, wie der letztlich ungerechte Reichtum einiger weniger. Die Beispiele würden Bücher füllen. Johannes hat auch heute noch Recht, wenn er schreibt: „Die Menschen lieben die Finsternis mehr, als das Licht.“

Angesichts all dessen hat Papst Franziskus der Kirche – und damit auch uns allen hier – eines sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben: Es reicht nicht, die Probleme zu diskutieren. Es reicht nicht, über möglichst große Lösungen für die Zukunft zu spekulieren. Es braucht Menschen der Tat, Menschen, die mit Kopf, Herz und Hand an einer besseren Welt, am Reich Gottes, mit bauen. Da sind dann aber manche kleinen Aktionen ebenso notwendig weil Not-wendend, wie große diplomatische Initiativen. Da sind der Friseursalon im Vatikan, der Obdachlosen ein Stück ihrer Würde zurückgeben will und manche Kleiderkammer in unseren Gemeinden für betroffene wohl ebenso wichtig, wie manch große Botschaft für Gerechtigkeit und Frieden.

Im Blick auf das, was Johannes im Evangelium dieses Sonntages schreibt, spürte ich gerade auch im Blick auf die vielleicht unkonventionelle, aber doch so klare und herausfordernde Art von Papst Franziskus eines sehr deutlich: Unsere Aufgabe als Christen in der Welt von heute ist das Klagen und Jammern; unsere Aufgabe ist es nicht, die Angst zu predigen. Unsere Aufgabe ist es und bleibt es immer wieder mutig und tatkräftig ein Licht anzuzünden, das manche Dunkelheit in dieser Welt erhellen kann. Oder wie es das Johannesevangelium gesagt hat:

„Wer aber die Wahrheit tut, kommt zum Licht, damit offenbar wird, dass seine Tagen in Gott vollbracht sind.“

Amen.

(Foto: Limmer)

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