„Wir feiern nicht die Auferstehung des Osterhasen…“ – Predigt Ostermontag

_DSC0045Meine Lieben,

„Nein, wir feiern nicht die Auferstehung des Osterhasen… und er ist auch nicht auf einer Kreuzung gestorben…“ – Sie haben die Karikatur einer Lehrerin, die mit diesem Kommentar einen Schüler einen Aufsatz zurückgibt, vielleicht in der Tagespresse gesehen. Überschrieben war der Aufsatz mit: „Was Ostern bedeutet“ – So eine Karikatur ist immer eine satirische Überzeichnung der Wirklichkeit, aber – wenn sie gut gemacht ist – hat sie immer auch das berühmte „Körnchen Wahrheit“ in sich.

„Was Ostern bedeutet“ – Welchen Aufsatz würden Sie heute darüber schreiben. Noch einmal feiern wir ja an diesem zweiten Feiertag das hohe Osterfest und wir begehen die festliche Osterzeit insgesamt 50 Tage hindurch bis Pfingsten. Was feiern wir? Was hat Ostern mit meinem ganz konkreten und alltäglichen Leben über diese Feiertage hinaus zu tun? Eine der schönsten Antworten, besser als jeder Aufsatz den ich dazu schreiben könnte, gibt das heutige Evangelium mit der Erzählung von den Emmausjüngern.

Die beiden waren am Boden zerstört. Alle ihre Hoffnungen und Pläne für ihr eigenes Leben, für eine bessere Zukunft ihres Volkes waren am Kreuz vernichtet worden. Jesus, den sie als den verheißenen Messias erlebt hatten, war nach grausamer Folter tot und begraben. Das ganze Leben der beiden war wie ein Scherbenhaufen. Sie wollten nur noch weg aus Jerusalem, weg von dem Ort, wo all das geschehen war. Sie wussten nicht wie es mit ihnen weitergehen solle. Sie setzen voller Wut und Trauer, voller Zweifel und Verzweiflung einen Fuß vor den anderen, in der Hoffnung, irgendwie wieder in ihr früheres Leben zurückkehren zu können. Um das Erlebte zumindest ein wenig zu verarbeiten, erzählten sie sich auf dem immer wieder jene Ereignisse, die sich tief und grausam in ihre Seele eingebrannt hatten. Sie waren zu zweit und doch allein und sie sahen keine Zukunft mehr.

Plötzlich war ein dritter bei ihnen, der sich als Weggefährte anbot. Normalerweise möchte man in der Trauer allein sein, kann keinen Fremden neben sich brauchen. Aber diese Fremde war anders. Er war ein guter Trauerbegleiter. Er quatsche die Beiden nicht vorschnell voll, versuchte nicht, billigen und oberflächlichen Trost zu spenden. Er schwieg, hörte zu, ging mit auf ihrem schweren Weg. Sie erzählten auch ihm nochmals all ihre Gefühle und Eindrücke. Weil er schwieg, konnten sie es sich ein Stück weit von der Seele reden. Erst als er ihnen dafür lange Zeit gegeben hatte, begann der Fremde mitzureden. Nicht besserwisserisch oder altklug kam er ihnen daher, sondern sehr behutsam, sprach er von der tröstenden Verheißung der Heiligen Schrift. Er konnte Worte sprechen, die den verletzten Seelen der beiden gut taten. Es war eine gute, heilsame Weggemeinschaft. Wen wundert es, dass die beiden den Fremden dann eingeladen haben: „Bleib doch bei uns. Es wird schon Abend, der Tag hat sich schon geneigt.“ Dann erst, nach der langen Weggemeinschaft des Zuhörens und des Vorsichtigen Mutmachens, dann erst, als sie miteinander vertraut geworden waren, als die beiden spürten, dass der Fremde es gut und ehrlich mit ihnen meinte, dann erst brach er das Brot und sie erkannten IHN.

Meine Lieben,

doppelter Hinsicht ist mir diese biblische Erzählung unendlich kostbar. Sie zeigt mir einerseits, dass ich auf allen Wegen, die ich gehen muss, nicht alleine bin, dass einer mitgeht, wenn auch oft schweigen, aber immer wohlwollend, liebevoll, heilsam. Es ist aber auch eine Erzählung, die mir Jesus zeigt, worauf es nicht nur in meinem Dienst als Pfarrer, sondern in unser aller Leben als Christinnen und Christen gerade heute besonders ankommt. Es reicht nicht, dass wir hier in festlicher Weise im Brotbrechen Jesu Gegenwart feiern und womöglich noch inbrünstig darüber schimpfen, dass so viele den Weg hierher nicht mehr finden.

OSTERN zeigt mir hier einen anderen Weg, einen menschlicheren, einen barmherzigeren. Gerade heute sehnen sich viele Menschen nach jemandem, der sie nicht einfach nur volltextet, der ihnen nichts aufs Auge drücken will, sondern der sie ernst nimmt, so, wie sie sind; der sie gelten lässt mit ihren Lebensgeschichten, ihren Erfahrungen, ihren Gefühlen. Vielleicht ist heute das Schweigen, das Einfach-nur-dasein, das Zuhören und Mitgehen mit den Menschen da draußen, das Allererste, zu dem wir alle gerufen sind. Mitten unter den Menschen sollen wir Christen leben mit offenen Ohren und bitte ohne altkluge Ratschläge oder erhobene Zeigefinger. Wir sollen das Leben der Menschen kennen, daran Anteil nehmen, mitgehen.

Papst Franziskus legt es den Bischöfen und Priestern besonders ans Herz, wenn er fordert, dass sie den „Stallgeruch ihrer Herde“ an sich tragen sollen. Wenn es uns gelingt, ohne irgendwelche leicht zu durchschauenden Absichten und Pläne, für die Menschen da zu sein, die uns brauchen, dann kann auch heute noch in unserer Kirche, ja, hier unserer Pfarrgemeinde das österliche Wunder geschehen: Dann können Menschen durch unsere heilsame Weggemeinschaft vielleicht auch mitten in Ihrem Leben den erkennen, den die Emmausjünger im Brotbrechen erkannten. Dann können auch heute Herzen brennen, weil einer sie angesteckt hat mit der Flamme der Liebe.

Amen.

(Foto: Limmer)

 

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