Große Worte allein genügen nicht – Predigt zum 10. Sonntag im Jahreskreis (G7-Gipfel)

Bild: MISEREOR
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Meine Lieben,

große Worte wird es genug geben an diesem Wochenende. Vor traumhaft schöner Kulisse werden diese großen Worte medienwirksam in die Kameras gesprochen von den „Großen Sieben“ auf Schloss Elmau. Große Worte werden es sein, über die Zukunft unserer Welt und unserer Menschheit, über Frieden und Gerechtigkeit. Aber werden diesen großen Worten auch nur annähernd so große Taten folgen? Angela Merkel hat schon im Vorfeld des Gipfels davor gewarnt, von diesem millionenteuren Treffen allzu viel Konkretes zu erwarten. Wohl auch deshalb gehen zigtausende in diesen Tagen auf die Straße, weil sie glauben, dass große Worte allein nicht genügen.

Jesus scheint dem heute zuzustimmen. Er legt es auch uns, als Christen in der Welt von heute, ans Herz, dass Worte allein zu wenig sind. Ihm geht es ums Tun: „Wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“ Was das konkret heißen kann, zeigen mir die Hilfswerke der beiden großen Kirchen in Deutschland. Den großen Worten der G7-Agenda setzen sie sehr konkrete Forderungen zur Tat von Seiten der Kirchen und der betroffenen Menschen gegenüber:

So heißt es etwa bei den „Großen Sieben“ zur Außen- und Sicherheitspolitik: Angesichts zahlreicher politischer Krisenherde auf der Welt bleibt das gemeinsame außen- und sicherheitspolitische Engagement der G7 äußerst wichtig. Im Fokus der Beratungen stehen aktuelle internationale Herausforderungen. Dazu zählen zur Zeit die Krise in der Ukraine, die Bekämpfung der Terrormiliz ISIS und Maßnahmen gegen die Ebola- Epidemie.“

Was über diese schöne Absichtserklärung hinaus konkret geschehen soll, darüber schweigt das Dokument der großen Worte. Die 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen hingegen hat schon 2013 sehr anschaulich einen Weg zum gerechten Frieden aufgezeigt, wenn es heißt: „Kirchen können helfen, eine Kultur des Friedens zu schaffen … So können sie Menschen am Rande der Gesellschaft ermächtigen, Männer und Frauen zu Friedensstiftern machen, gewaltlose Bewegungen für Gerechtigkeit und die Achtung der Menschenrechte fördern, Menschen unterstützen, die verfolgt werden, weil sie sich aus Gewissensgründen weigern, eine Waffe zu tragen, sowie Hilfe für all jene anbieten, die unter bewaffneten Konflikten gelitten haben, und der Friedenserziehung in Kirche und Gesellschaft den Raum geben, den sie verdient.“

Zum internationalen Finanzwesen heißt es in der G7-Agenda nur vage: „Das Vorantreiben der Arbeiten an einer neuen Finanzmarktarchitektur sind Kernbestandteile der deutschen Präsidentschaft.“

Wesentlich eindeutiger und kompromissloser schreibt zum gleichen Thema Papst Franziskus in „Evangelii Gaudium“ so: „Eine Finanzreform, welche die Ethik nicht ignoriert, würde einen energischen Wechsel der Grundeinstellung der politischen Führungskräfte erfordern… Das Geld muss dienen und nicht regieren!“

Zum Klimaschutz heißt es in der G7-Agenda: „Sehr viele Staaten haben erkannt, dass die Folgen des Klimawandels kaum beherrschbar und nur zu sehr hohen Kosten zu bewältigen sind. Wir werden unser Aktionsprogramm Klimaschutz konsequent umsetzen und zeigen, wie wirtschaftliche Entwicklung und Klimaschutz in Einklang gebracht werden können.“

Die 56-jährige Kabiri Kokia, die auf einer Insel der Republik Kiribati wohnt, erlebt die Bedrohung, von der die G7 nur in großen Worten sprechen. Sie erzählt: „Jedes Jahr kommt das Wasser ein bisschen näher. In den letzten sechs Jahren hat das Meer über fünf Meter meines Grundstücks gestohlen. Ein Schutzdamm könnte helDifen, aber wie soll ich denn all den Zement, die Sandsäcke und den Mörtel bezahlen? Ohne fremde Hilfe sind unsere Inseln nicht zu retten. Es muss endlich gehandelt werden. Das schulden wir unseren Enkelkindern.“

 

Meine Lieben,

die „Großen Sieben“ hätten die Macht, tatkräftig an einer besseren Zukunft mitzubauen. Ich spreche auch keinem der Staatsoberhäupter den guten Willen dazu ab. Aber große Worte allein werden nicht reichen, wenn nationale Eigeninteressen überwiegen, wenn Vertreter großer Wirtschaftslobbies mit am Tisch sitzen, Betroffene und besorgte Bürger aber nicht gehört, sondern mit allem nur denkbaren aufwand millionenschwer abgeschirmt werden. Es gibt dieser Tage viele wunderbare Erklärungen und große Worte, aber die allein werden unsere Welt nicht besser, gerechter und friedlicher machen. Es liegt auch an unser aller Engagement, diesen großen Worten auch halbwegs wirksame Taten folgen zu lassen, so wie es letztlich Jesus selbst von den Seinen fordert: „Wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.“

Amen.

Den kompletten Text der ökumenischen Andacht mit allen Gegenüberstellungen aus der G7-Agenda und den Worten der Kirchen finden Sie hier.

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